Jagdschloss Granitz


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Von weitem schon weist der Aussichtsturm vom Jagdschloss Granitz den Besuchern seinen Weg. Die höchste Erhebung der Granitz war schon länger ein beliebter Ort für die Fürsten zu Putbus, welche in den wildreichen Buchenwäldern der Granitz ihr Jagdreviere hatten. Von Putbus bis zum Standort des heutigen Jagdschloss Granitz sind es zwar nur etwa zwölf Kilometer Luftlinie, bei den damaligen Verkehrsmitteln war der Weg zum Jagdrevier dann doch etwas beschwerlich, so dass sich Graf Moritz Ulrich I. zu Putbus im Jahre 1726 ein Jagdhaus errichten ließ. Dieses Jagdhaus existiert noch heutzutage, wenn auch in einer anderen Form. Nachdem das Jagdschloss im Jahre 1846 fertiggestellt war, benötigte man das fürstliche Jagdhaus nicht mehr und ließ es durch Johann Gottfried Steinmeyer umgestalten. Seitdem diente es als Forsthaus und Gästehaus für die zahlreichen Besucher. Heutzutage beinhaltet das Forsthaus eine Ausstellung über das Biosphärenreservat Südost-Rügen, in welchem auch das Jagdschloss Granitz gelegen ist. Das Jagdhaus selbst befindet sich unterhalb des Jagdschlosses in nördlicher Richtung, man kommt an diesem vorbei, wenn man vom Schloss aus in Richtung des Ostseebades Binz wandert.

Das Jagdschloss Granitz wurde auf dem sogenannten Tempelberg errichtet, wie der höchste Berg der Granitz betitelt wurde. Die Namensgebung hat aber nichts mit einer eventuell früher vorhanden gewesenen slawischen Tempelburg zu tun, wie man vielleicht vermuten könnte. Es gab zwar einige slawische Befestigungsanlagen auf der Insel Rügen, die Jaromarsburg am Kap Arkona dürfte die bekannteste sein, der Name Tempelberg stammt von einem früher vorhandenen Pavillon, welcher antike Säulen besaß und sich an der Stelle des Jagdschlosses befand. Zur Zeit seiner Errichtung waren diese Arten von Pavillons bei den Herrscherhäusern in großer Mode. In Mecklenburg-Vorpommern kann man beispielsweise mit dem Belvedere, welches sich südwestlich von Neubrandenburg befindet, noch solch einen Pavillon besichtigen, der den Erbauern als Aussichtspunkt bei Ausflügen durch die Natur diente. Zur Zeit des Pavillons und der Errichtung des Jagdschlosses war der Blick auf die Umgebung noch ungestört und das gesamte Schloss konnte von weitem aus gesehen werden. Inzwischen sind die Bäume um das Schloss sehr hoch gewachsen und lassen nur noch vom Turm einen guten Blick über die Insel Rügen zu, beziehungsweise ragt dieser Turm einzig allein über den hohen Baumgipfeln hervor.

Mit dem Jagdschloss Granitz wird oft der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel in Verbindung gebracht, das ist aber nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Die Bauten des Fürsten Malte I. zu Putbus sind eher eine Leistung des Berliner Architekten Johann Gottfried Steinmeyer, mit dem das Puttbusser Fürstenhaus seine auf dem Reißbrett entworfene Residenzstadt aus dem Boden stampfte. Das erste Gebäude, welches Johann Gottfried Steinmeyer auf der Insel Rügen errichtete, war das Badehaus Goor im Putbusser Ortsteil Lauterbach. In den folgenden Jahren wurde dann auch das das Schloss Putbus umgebaut und die Stadt Putbus neu gründet. Da der Fürst Malte I. Zu Putbus auch ein begeisterter Jäger war, beschloss er sich einen repräsentativen Jagdsitz auf dem Tempelberg zu errichten. Die Pläne für diesen Neubau stammten von Johann Gottfried Steinmeyer, der das Jagdschloss Granitz als zweistöckigen Bau konzipierte, der an jeder Ecke einen Turm besaß. Der Entwurf des Schlosses orientierte sich an den norditalienischen Kastellen, und wurde im Stil der Renaissance errichtet.

Den berühmte Aussichtsturm erhielt das Jagdschloss Granitz aber erst nach einem Besuch des preußischen Kronprinzen und späteren Königs Friedrich Wilhelm IV., der die Idee für einen Aussichtsturm hatte, der im vormaligen Hof des Schlosses errichtet werden sollte. Da die Pläne, welche Steinmeyer für diesen Turm vorlegte, nicht den Geschmack des Bauherren traf, beauftragte der Kronprinz Karl Friedrich Schinkel einen Entwurf für den Aussichtsturm zu liefern. Nach diesem Entwurf wurde der Aussichtsturm des Jagdschlosses letztendlich auch umgesetzt. Der Turm hat eine Höhe von achtunddreißig Metern, zusammen mit dem hundertsieben Meter hohen Tempelberg befindet man sich auf der Aussichtsplattform in einer Höhe von etwa hundertfünfundvierzig Metern. Da kommt selbst der Leuchtturm Dornbusch auf der Insel Hiddensee nicht mit, bei dem man sich auf der Plattform in zweiundneunzig Metern Höhe befindet. Von der Aussichtsplattform hat man einen tollen Ausblick über fast den gesamten Ostteil der Insel Rügen, über das Mönchgut hinweg bis zur Insel Usedom.

Diesen schönen Ausblick über die Umgebung des Jagdschlosses bekommt man aber nur geboten, wenn man absolut keine Höhenangst hat und sich daher auch traut, die gusseiserne Wendeltreppe mit ihren hundertvierundfünfzig Stufen zu besteigen. Diese Treppe hat es nämlich in sich, denn die Stufen weisen ein filigranes Muster mit Eufeublättern und verschiedensten geometrischen Ornamenten auf, welche durchbrochen sind und durch die man nach unten blicken kann. Das Treppengeländer ist zudem auch recht niedrig. Die Konstruktion der Treppe gilt als eine ingenieurtechnische und handwerkliche Meisterleistung, denn diese ist eine selbsttragende Wendeltreppe, welche an der Innenwand des Turmes montiert wurde. Die Länge der Treppe beträgt übrigens 72,64 Meter, die zu überwindende Höhe dreiunddreißig Meter, da die Treppe erst von der zweiten Etage aus nach oben führt.

Wenn man den Blick nach oben wendet und sich die Treppe von unten genauer anschaut, dann sieht man die insgesamt zwölf Podeste, welche einen Abstand von jeweils neunzig Grad besitzen, an denen die jeweils acht bis zehn dazwischenliegenden Treppenstufen befestigt sind. Einzig der untere Abschnitt mit 21 und der obere Abschnitt mit 18 Treppenstufen fallen deutlich länger aus. Die Wendeltreppe wurde erst nach Fertigstellung des Mittelturmes eingebaut und im Jahre 1844 durch die Eisenkunstgießerei Franz Anton Egells in Berlin gegossen. Das Interessante an dieser Firma ist die Tatsache, dass die im Jahre 1821 gegründete Firma, eine der ersten durch Privatkapital finanzierte Fabrik im Königreich Preußen war, welche sich mit der Eisenverarbeitung beschäftigte. Da der preußische Baumeister Karl Friedrich Schinkel ein Wegbereiter für die Verwendung von Eisenguss war und dieses Material in vielen seiner Gebäude verwendete, wurde auch der Turm des Jagdschlosses mit einer Treppe aus Eisenguss ausgestattet. Mit dieser imposanten Treppenkonstruktion wurde nicht nur der Reichtum des Fürstenhauses eindrucksvoll präsentiert, sondern auch der technische und wirtschaftliche Fortschritt, welche das Königreich Preußen inzwischen erlangt hatte.

Nur leider konnte Schinkel damals noch nicht wissen, dass diese Treppe einmal von über zweitausend Besuchern am Tag bestiegen werden würde. Durch den großen Besucheransturm, den das Schloss seit vielen Jahren genießt und das recht hohe Alter, inzwischen hat die Wendeltreppe ein Alter von über hundertfünfzig Jahren, hat die Bausubstanz der Treppe so stark gelitten, dass heutzutage nur noch maximal dreißig Leute gleichzeitig die Treppe in einer Richtung betreten dürfen, damit die filigrane Treppe keine weiteren Schäden abbekommt. Der an der Innenseite des Turmes angebrachte Handlauf ist übrigens erst bei der Rekonstruktion im Jahre 1989 angebracht worden, ursprünglich besaß die Wendeltreppe nur den äußeren Handlauf, welcher aus denkmalschutztechnischen Gründen nicht verändert werden durfte. Daher dürfen kleinere Kinder unter vierzehn Jahren die Wendeltreppe nicht ohne ständige Aufsicht ihrer Eltern betreten. Die Steine und ihre Strukturen auf der Innenwand des Turmes und einigen Räumen sind übrigens nur auf den Putz aufgemalt. Dieses Mittel der optische Täuschung war zu früheren Zeiten ein beliebtes Mittel um die Baukosten der repräsentativen Immobilien niedrig zu halten.

Von der ursprünglichen Einrichtung des Schlosses ist nicht mehr viel übrig geblieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es im Jagdschloss Granitz wie auch im nicht mehr existenten Schloss in Putbus zu Plünderungen. Jedenfalls sind nur noch wenige Stücke der einstigen Einrichtung erhalten geblieben. Eine Vorstellung wie das Schloss einst eingerichtet war, als hier noch die Fürsten zu Putbus mit ihren Gästen zur Jagd gingen, kann man auf historischen Fotografien sehen, welche in der Ausstellung über die Bauaktivitäten von Malte I. Zu Putbus informieren, die heutzutage immer noch das Gesicht der Insel Rügen prägen. In der oberen Etage des Schlosses, in welcher die Fürsten früher wohnten, kann man noch einige der historischen Möbelstücke sehen. Der sogenannte Marmorsaal dient auch noch heutzutage für feierliche Anlässe, denn im Jagdschloss Granitz kann man heutzutage Heiraten. Der repräsentative Marmorsaal bietet neben der Seebrücke in Sellin wohl eine der schönsten Kulissen für den angeblich schönsten Tag im Leben auf der Insel Rügen.

Mit dem Auto kann man nicht direkt zum Jagdschloss Granitz gelangen. Man muss es schon im Ostseebad Binz auf den Parkplatz Binz-Ost abstellen und von dort aus die etwa zwei Kilometer lange Strecke zu Fuß laufen. Alternativ kann man aber die Binzer Bäderbahn nutzen, welche die Fahrgäste bis kurz vor das Schloss fährt. Wenn man aus Putbus, dem Ostseebad Sellin oder dem Ostseebad Göhren anreisen sollte, kann man das Jagdschloss Granitz auch mit einer Fahrt mit dem Rasenden Roland erreichen. Am Haltepunkt Jagdschloss muss man dann aussteigen und das letzte Stück zu Fuß zurücklegen. Man kann das Ziel auch mit dem Fahrrad erreichen, in der Nähe des Schlosses verläuft der gut ausgebaute Rügen-Rundweg und der Ostseeküsten-Radweg. Nur das letzte Ende, welches auf den Tempelberg führt ist, fällt etwas sehr steil aus.

Mit weit über zweihunderttausend Besuchern im Jahr ist das Jagdschloss Granitz das meistbesuchteste Schloss in Mecklenburg-Vorpommern. Selbst das Schloss in der Landeshauptstadt Schwerin kann nicht so viele Besucher pro Jahr vorweisen. Aufgrund des strengen Denkmalschutzes gibt es aber einen recht großen Minuspunkt bei diesem Wahrzeichen der Insel Rügen. Das gesamte Gebäude ist nämlich nur mittels Treppen zu erreichen. Daher ist das Jagdschloss Granitz und das darin befindliche Museum absolut nicht barierrefrei.

Adresse: 18609 Binz
Homepage www.granitz-jagdschloss.de
Öffnungszeiten: täglich von 9:00 – 18:00 Uhr (von Mai bis September) und Dienstag bis Sonntag 10:00 – 16:00 Uhr (von Oktober bis April)